War er wirklich gut, dieser 26. deutsche Kirchentag in Hamburg? Ja er tat Hamburg und den Besuchern des Kirchentages wohl. Er legte eine gewisse Harmonie auf die sonst so geschäftige Stadt Hamburg. Halt! Diese Harmonie unter den 125000 Besuchern des Kirchentages wäre nicht ohne die über 5000 Helfer möglich gewesen.
Diese sicherten und überwachte sowohl die über 2000 Einzelveranstaltungen, koordinierten die Essensausgabe, fungierten als Lagerarbeiter im gastronomischen Lager des Messegeländes, dem Hauptveranstaltungsort des Kirchentages und arbeiteten als Türsteher und Einlaßkontrolle.
Eine kleine Gruppe dieser 5000 Helfer waren wir. 18 Pfadfinder aus Neudietendorf, Merkers-Kieselbach und Suhl. Für uns alle war es der erste Kirchentag, trotzdem hatten wir keine Probleme uns einzugewöhnen. Für die Helfer waren Quartiere in vielen Schulen Hamburgs bereitgestellt, dadurch fiehl natürlich der Unterricht der Hamburger Schüler aus. Von diesen Quartieren fuhren die Helfer kurz vor ihren Schichtbeginn in die Einsatzzentrale um zu erfahren wo sie gebraucht werden. Zum Beispiel mußten viele Helfer die Eingänge zu der Halle sichern, in der Richard von Weizsäcker eine Ansprache hielt. Außer dieser Ansprache gab es natürlich noch viele weitere Vorträge, die von den wissensdurstigen Zuhörern in sich aufgesogen wurden. Die Themen der Diskussionsrunden sind im Vergleich zu früheren Kirchentagen näher gerückt . Beispielsweise scholl es als der Rassismus in Südafrika regierte eindeutig aus den Kirchetagskehlen: Boykott. Als die Aufrüstung zwischen Ost und West immer mehr fortschritt, sprach sich jeder gegen die Atomsprengköpfe aus. Bei Diskussionen über die Armut in Südamerika, auf früheren Kirchentagen gaben alle ihre Spenden. Heute aber wo ein bißchen Rassismus im eigenen Land herscht, und der Krieg vor der Tür steht (Krieg in Ex – Jugoslavien) und die Arbeitslosigkeit weiter fortschreitet, heute helfen klare Bekenntnisse wie auf früheren Kirchentagen nicht weiter. Beispielsweise wurde die widersprüchliche Frage der militärischen Intervension aufgeworfen. Der Kirchentagspräsident und ein Bischhof machten sich für einen NATO – Marschbefehl stark, während im Forum Gewalt überwinden an Möglichkeiten einer nicht militärischen Lösung gearbeitet wurde. Diese beiden Positionen prallten natürlich aufeinander, aber zu einer eindeutigen Klärung kam es nicht. Auch Volker Rühe bummelte lieber über den Markt der Möglichkeiten, als sich seinen Gegnern in einer Diskussion zu stellen. In Sachen Bosnien bewegte sich der Kirchentag zwischen Ohnmacht und Wut. Auf den über 2000 Einzelveranstaltungen
wurden die Probleme der Welt diskutiert, allerdings hatte es nicht den Anschein als könne der Kirchentag im großen Stil zu ihrer Lösung beitragen. Aber dafür im kleinen schon!
Der Kirchentag endete in einem Gigantischen Schlußgottesdienst im
Volkparkstadion. Es war ein tolles Gefühl mit dabeizusein, als auf den Protest gegen die Versenkung der Shell- Bohrinsel hin, die Laolawellen im Stadion herumgingen.
Das Stadion war mit über 75000 Gästen überbelegt, und wieder einmal hatten wir als Helfer, die unangenehme Aufgabe, die Leute zum „Ersatzabschluß“ zu schicken. Alles in allem war der Kirchentag ein Stück „protestantischer Erlebniskultur“, er hätte allerdings ruhig etwas unbequemer seien können – und nicht einfach nur gut.
Markus Nagel